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Gallichon     -     Colachon     -     Calchedon     -     Colascione     -     Galizona
Das sind viele Namen, für im Grunde nur zwei verschiedene Instrumententypen:

1.
Mandora -  Damit bezeichnet man heute eine Laute mit 6-9 Spielchören und einer Mensur von ca. 58-78cm. Innerhalb dieses Mensurbereichs wurde für die größeren Instrumente in D (d‘-a-f-c-G-D oder d‘-a-f-c-G-F) häufig auch der Name Gallichon verwandt. Die Instrumente mit kürzerer Mensur waren einen Ton höher in E (e‘-h-g-d-A-E) gestimmt. Für viele Stücke des Repertoires finden sich Konkordanzen in zwei oder mehr unterschiedlichen Quellen, wobei die eine Quelle eine Mandora verlangt, die andere aber einen Gallichon.

Schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war also die Namensgebung nicht deutlich, und die Begriffe Mandora und Gallichon bezeichneten häufig ein und dasselbe Instrument. (Die 1735 datierte und jetzt in Karlsruhe aufbewahrte Handschrift D- KA Don Mus. Ms. 1271 / 1 ist mit „Gallischon: oder Mandorbuch“ betitelt. Das in der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden befindliche Manuskript D-Dl Mus.2-V-7, ein Duett für zwei Mandoren, vermerkt auf dem Titelblatt Mandora, auf den Einzelstimmen Gallichono). Die Bezeichnung Gallichon mit all ihren Abwandlungen kommt aber im Lauf des 18. Jahrhunderts außer Gebrauch, und am Ende des Jahrhunderts ist nur noch der Name Mandora üblich.

Auf alle Fälle bleibt festzuhalten:

                                    Solo-Musik existiert nur für Mandora / Gallichon, gleich ob sie in D oder in E gestimmt ist.

2.
Galizona - hatte eine erheblich größere Mensur (ca.85-95cm) und war wie folgt gestimmt: a e c G D C . Diese Mensuren waren denen einer Theorbe vergleichbar. Sie sind für das Spiel der solistischen Literatur wie z.B. der von Brescianello oder Camerloher eher ungeeignet. Die Galizona wurde in erster Linie als Generalbass-Instrument genutzt, um die Basslinie zu verstärken und ihr gleichzeitig eine andere Klangfarbe zu geben. Dafür spricht auch die Tatsache, dass das erhaltene Stimmenmaterial immer in Mensuralnotation notiert ist.


Als weiterer, zum mindesten dem Namen nach ähnlicher Typ ist noch der Colascione (von Mersenne und Kircher Colachon gennant) zu nennen. Dies war ein von der türkischen Tanbur abgeleitetes zwei- bis dreisaitiges Instrument mit einem sehr langen Hals, welches vornehmlich in Süditalien (Neapel) verwendet und von reisenden Virtuosen im 18. Jahrhundert auch in den Norden gebracht wurde. Aber ausser dem Namen gibt es in Bauweise, Repertoire und Stimmung keine Gemeinsamkeiten.



Wo wurde Mandora/Gallichon gespielt?

Die Mandora/der Gallichon war zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Mode gekommen, und,  von wenigen Ausnahmen abgesehen, in ihrer Verbreitung relativ eng begrenzt auf den Raum Bayern, Österreich und Böhmen. In ihrer Blütezeit, die etwa 100 Jahre währte, wurde sie offenbar zu einer Konkurrentin der Barocklaute. Es sind mehr als hundert Quellen mit Musik für Mandora/Gallichon aus diesem Zeitraum überliefert, und es verliessen mehr Mandoren als Barocklauten die Werkstätten der Lautenbauer.


Von wem wurde Mandora/Gallichon gespielt?

Die Mandora war zweifellos das bevorzugte Instrument der musikalischen Dilettanten. Diese kann man grob in drei Gruppen unterteilen

-   Angehörige des geistlichen Standes (vor allem in Klöstern).
-   Landadelige, die, weit ab von kulturellen Zentren eigene Intavolierungen ihrer bevorzugten Musik anfertigten.
-   Frauen, die hier ein Feld vorfanden, auf dem sie sich musikalisch verwirklichen konnten.

Darüber hinaus gab es natürlich hier und da auch professionelle Musiker, die das Mandoraspiel pflegten. Auf solistischem Gebiet wäre hier sicher Guiseppe Antonio Brescianello zu nennen, der zwischen 1716 und 1751 als Konzertmeister, Musikdirektor und Komponist am Württembergischen Hof in Stuttgart angestellt war. Die Mandorawerke von Placidus von Camerloher, Priester und gleichzeitig Komponist, Leiter der Dom-Musik und des Chores am Freisinger Hof, sind ebenfalls musikalisch wie technisch sehr anspruchsvoll.

Nicht zuletzt ist auch die Gruppe der (professionellen) Spieler zu nennen, die auf Mandora., bzw. Gallichon bei Kammermusiken, Konzerten und Opern in der Continuo-Gruppe den Bass meist einstimmig mitspielten und verstärkten.


Welche Literatur ist heute noch verfügbar?

a:) Solowerke
b.) Kammermusik
c.) Lieder mit Mandorabegleitung
d.) Instrumental-, und Vokalmusik mit Galizona als Generalbassinstrument  (z.B. von Telemann, Keiser)
Das ist nicht ganz einfach zu beantworten. Zunächst einmal ist es eine Laute, also ein Zupfinstrument, das Ende des 17.Jahrhunderts entwickelt wurde, und parallel zu den vor allem in Frankreich und Deutsch-land in hoher Blüte stehenden 11- oder 13-chörigen Barocklauten und den ebenfalls noch in Gebrauch befindlichen Arciliuti bis etwa Ende des 18. Jahr-hunderts gespielt wurde. Im Unterschied zu den Letzteren ist die Mandora aber ein deutlich einfacher-es Instrument, hat es in der Regel doch nur 6 bis 9, statt 11 bis 14 Chöre (Saitenpaare).

Eine solche Laute heute allgemein als Mandora zu bezeichnen wirft Probleme auf, denn es gab im 18. Jahrhundert mehrere unterschiedliche Instrumenten-typen davon - und leider noch mehr Bezeichnungen, die diesen gegeben wurden. Folgende Namen waren u.a. in Gebrauch:

Calascione, Calchedon, Calichon, Callezono, Gallichon, Calzedon, Chalcedon, Chalicon, Colachon, Colachono, Colascione, Colocion, Galitson, Galizona, Gallichona, Gallimon, Galischona, Gallishon, Ganascione
Was ist eine Mandora?
Mandora